3: Was macht eine ‚gute‘ Bildungsressource über Daten aus?

Wie finden Sie die richtige Bildungsressource für Ihre Gruppe von Lernenden? Wir fassen einige wichtige Aspekte, die man im Kopf behalten sollte, zusammen, und empfehlen bestimmte Formate und Bildungsressourcen.

Lehrende möchten gerne lehren, Lernende möchten lernen. Und – wie in den letzten Kapiteln gezeigt – die Wissenslücken sind klar: Viele BürgerInnen wissen nicht, wie ihre Daten genutzt werden, wie Datensysteme funktionieren und wie sie bereits ihr Leben und unsere Gesellschaft beeinflussen. Diese Themen müssen dringend Einzug in Unterricht, Lehre und Training über digitale Technologien erhalten. Aber es gibt noch eine weitere Lücke: Viele pädagogische Fachkräfte wissen nicht, wo sie Lehrmaterial finden können.

  • Unsere Forschung zeigt, dass viele pädagogische Fachkräfte unzufrieden mit ihrem Zugang zu Informationen und Lehrmaterial zu Themen rund um Datentechnologien sind.
  • Außerdem haben wir herausgefunden, dass viele pädagogische Fachkräfte sich besser vorbereitet fühlen, um allgemein über digitale Technologien zu bilden, als um spezielle Themen wie Big Data oder Algorithmen zu behandeln. Fast die Hälfte der Befragten waren unzufrieden mit ihrem Zugang zu Material zu diesen Themen.

Zum Glück gibt es bereits viel Lehrmaterial zu diesen Themen – auch wenn es pädagogische Fachkräfte nicht immer zu erreichen scheint. In Kapitel vier stellen wir eine kleine Auswahl unserer Lieblingsmaterialien sowie eine Datenbank, die solche Critical Data Literacy-Ressourcen sammelt, vor.

In diesem Kapitel geben wir nun zunächst einige Tipps zur Auswahl und Nutzung von Lehrmaterial über Daten, basierend auf unserer Erfahrung sowie unseren Forschungsergebnissen. Bevor es losgeht, möchten wir aber noch Eines betonen: Bildung über Daten und Technologien muss nicht digital stattfinden. Obwohl viele der Bildungsressourcen, die wir in diesem Leitfaden verlinken, Online-Ressourcen sind, ist das keine Voraussetzung für kritische Datenbildung. Critical Data Literacy kann genauso gut durch ‚traditionelle‘ Formate wie Lesen, Diskussion, Gedankenexperimente, analoge Spiele, Arbeitsblätter oder Plakate gefördert werden.

1. Leicht zugänglich, unterhaltsam, visuell ansprechend

Wie schon in Kapitel zwei ausgeführt, sind wir der Überzeugung, dass Lernen – auch über kritische Themen – Spaß machen sollte. Egal ob es um digitales oder analoges Lehrmaterial geht, empfehlen wir daher, leicht zugängliches und unterhaltsames Material zu wählen. Das ist umso wichtiger in Anbetracht des Risikos der Resignation (siehe Kapitel eins).

  • Empfehlung: Wir raten daher, von allzu negativen oder düsteren Bildungsressourcen Abstand zu nehmen und lieber ansprechendes, unterhaltsames, buntes und spielerisches Material zu nutzen. Allerdings unterscheiden sich Menschen natürlich darin, was sie als unterhaltsam empfinden. Pädagogische Fachkräfte sollten letztlich immer die Ressource wählen, die am besten zu ihrer individuellen Lerngruppe passt.
  • Forschungsergebnis: Unsere Forschung zeigte, dass interaktive Ansätze ein guter Weg sind, um Lernende zu involvieren und dass interaktive Tools ein beliebter Ansatz bei Lernenden sind, wenn sie über Datensysteme lernen.

In der Praxis kann das bedeuten, ein interaktives Online-Tool einzusetzen, aber es kann auch heißen, offene und interaktive Unterrichtsformate anzuwenden. Themen rund um Datentechnologien sind häufig komplex und undurchsichtig. Gerade aus diesem Grund kann es helfen, interaktive Ansätze zu wählen und durch Gespräche oder Erfahrungen zu lernen und so die Lernenden persönlich zu involvieren.

Zudem sind Datensysteme häufig immateriell. Visualisierungen machen Datentechnologien greifbarer und können Lernenden helfen, Themen rund um Daten zu verstehen. Wenn Sie Visualisierungen einsetzen möchten, empfehlen wir, stereotypische Darstellungen (wie Nullen und Einsen, ein Vorhängeschloss oder eine Zahlenmatrix) zu vermeiden und besser Visualisierungen zu nutzen, mit denen sich Lernende identifizieren können (wie einen „Datenkraken“ oder einen „Datenschatten“).

Einige interaktive und spielerische Bildungsressourcen, die wir empfehlen können, sind:

Ansprechende Visualisierungen finden Sie zum Beispiel hier:

2. Keine Universal­lösungen: Welche Ressource passt zu Ihren Lernenden?

Unterschiedliche Lernende brauchen unterschiedliche Ansätze. Unsere eigenen Erfahrungen und Forschung sowie Studien anderer WissenschaftlerInnen zeigen, dass es keine Universallösungen für Critical Data Literacy geben kann. Pädagogische Fachkräfte kennen ihre Lernenden selbst am besten und sollten sich daher überlegen, welche Bildungsressourcen für ihre Lernenden funktionieren. Relevant sind dabei unter anderem das Vorwissen der Lernenden, ihre digitalen Kompetenzen, ihr Hintergrund und ob sie zu einer Gruppe gehören, die disproportional von den Risiken von Datensystemen betroffen sind.

In unserer Forschung betonten die ExpertInnen zudem, wie wichtig es ist, das Narrativ einer Bildungsressource an das jeweilige Publikum anzupassen. Welche Narrative haben die Lernenden bereits in Bezug auf Daten und wie offen sind sie für andere Perspektiven? Was interessiert sie, was bewegt sie (z.B. Privatsphäre, Gleichberechtigung, Diskriminierung, Transparenz, Gerechtigkeit, Demokratie usw.)?

Abgesehen von diesen Fragen sollten auch Fragen der Repräsentation bedacht werden. Vor allem wenn Bildungsressourcen mit Charakteren, Abbildungen von Menschen oder Geschichten arbeiten, ist es wichtig, dass ihre Lernenden sich repräsentiert fühlen bzw. sich mit diesen identifizieren können.

Hier sind einige Beispiele für Bildungsressourcen für verschiedene Lerngruppen:

3. Achtung: Wer steckt dahinter? Wie alt?

Pädagogische Fachkräfte sollten zudem darauf achten, wer hinter den Bildungsressourcen steckt und wann diese erstellt wurden. Manche der frei verfügbaren Materialien kommen von Akteuren mit starken Eigeninteressen, wie zum Beispiel Bildungsressourcen zu Privatsphäre von Firmen, die ‚sichere Technologie‘ verkaufen, Unterrichtsmaterial zu digitalen Technologien von großen Telekommunikationsfirmen oder Materialien von verschiedenen politischen Akteuren. Das heißt nicht, dass solche Ressourcen unbedingt voreingenommen sind, aber der Entstehungskontext von Bildungsressourcen sollte zumindest in den Blick genommen werden.

Zum Beispiel legen Bildungsressourcen von privatwirtschaftlichen Unternehmen (wie Internetplattformen) häufig einen stärkeren Fokus auf die persönliche Verantwortung der BürgerInnen. Sie betonen beispielsweise, dass BürgerInnen die Einstellungen der Plattformen ändern sollen, um ihre Daten zu schützen, und thematisieren nicht, wie viele Daten gesammelt werden, ohne dass NutzerInnen dies kontrollieren könnten.

Bildungsressourcen von Regierungsorganisationen setzen hingehen oft voraus, dass das Publikum in ihrem Zuständigkeitsbereich lebt und daher gewisse Rechte hat (z.B. Auskunftsrecht, Recht auf Datenlöschung oder -korrektur), die in anderen Teilen der Welt nicht gelten.

Weiterhin wandelt sich die technische Welt extrem schnell, was bedeutet, dass Bildungsmaterial zu diesen Themen schnell veraltet. Unserer Erfahrung nach werden die meisten Online-Bildungsressourcen über Daten zudem nicht regelmäßig aktualisiert. Daher ist es wichtig, darauf zu achten, wann eine Bildungsressource veröffentlicht wurde. Während eine fünf Jahre alte allgemeine Einführung zu ‚Was ist Privatsphäre?‘ wahrscheinlich noch aktuell ist, ist eine Anleitung zum Anpassen von Einstellungen auf Internetplattformen, um Datensammlung zu verhindern, aus dem gleichen Jahr, sehr wahrscheinlich veraltet.