Kategorien
Kommentare

Ein EduCheck ohne edu – Gedanken zur neuen Prüfplattform des FWU

Ein Kommentar von UNBLACK THE BOX-Mitglied Sieglinde Jornitz

Nicht nur wir von UBTB haben uns auf den Weg gemacht, Hilfestellung bei der Prüfung von Lernplattformen, LernApps und weiteren digitalen Angeboten für den Bildungsbereich zu geben. Unser Angebot hierzu ist der EdTechReflektor. Und man sieht an ihm: es ist nicht einfach, solche digitalen Angebote in ihrem ganzen Umfang zu prüfen, weil die Komplexität hoch ist. Zentral ist beim EdTechReflektor jedoch die Perspektive auf die Nutzung im Sinne des pädagogisch-didaktischen Einsatzes.

Auch das FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht hat Mitte 2023 einen „Prüfkriterienkatalog“ namens eduCheck veröffentlicht (https://educheck.schule/; Informationen: https://fwu.de/projekte/educheck-digital/). Damit erweitert das FWU sein Angebot gemäß seiner eigenen Geschichte, die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Katalogisierung, Bereitstellung und auch Prüfung von Unterrichtsmaterialien verbunden ist.[1] Am bekanntesten ist Schülergenerationen das FWU wohl durch die von ihm selbst erstellten Unterrichtsfilme. Für Lehrerinnen und Lehrer dürfte der vom FWU verantwortete Teilbereich „Schule“ im Deutschen Bildungsserver einen hohen Bekanntheitsgrad besitzen.[2] Seit Anfang der 2000er Jahre ist das Institut verstärkt auch die Stelle, die digitale Angebote qualitätsgeprüft für Schulen bereitstellt.

Folgerichtig ist so die Entwicklung eines Instruments am FWU, das diese Prüfung von digitalen Materialien für den Unterricht ermöglicht. Der 2023 veröffentlichte Prüfkriterienkatalog bildet die Grundlage für die Plattform, die derzeit programmiert wird. Der eduCheck-Kriterienkatalog wurde in Zusammenarbeit mit den 16 für das Schulsystem verantwortlichen Bundesländern mit dem Ziel entwickelt, um sicherzustellen, dass rechtskonforme und technisch sichere digitale Medien in Schulen verwendet werden. Die Verunsicherung während der Schulschließungen aufgrund der Pandemie darüber, was an digitalen Medien wie eingesetzt werden darf und ob die Notebookkamera nun ein- oder ausgeschaltet werden muss, hat wohl dazu geführt, dass die Bildungspolitik handeln musste. Zugleich wird im Umkehrschluss deutlich, was nicht mehr geleistet werden kann: eine staatliche Prüfung und damit Zulassung von didaktischen Angeboten im digitalen Format. Als abgeschwächtes Äquivalent kann so der eduCheck des FWU betrachtet werden. Dieser legt die Prüfung in die Hände der Schulen selbst. Sie können so neu entwickelte Plattformen, Apps etc. für den Unterricht ohne Zeitverzögerung eigenständig prüfen und sich technisch und rechtlich absichern.

Das nach Abschluss der Prüfung vergebene Gütesiegel ermöglicht es zudem, diese geprüfte Sicherheit auch nach außen sichtbar zu machen. So soll Schulen geholfen werden, die digitalen Angebote auf ihre Qualität zu prüfen.

Kern der Prüfung sind die vier Aspekte von Barrierefreiheit, Datenschutz, Interoperabilität und IT-Sicherheit.[3] Damit wird auch deutlich, was nicht geprüft wird: die pädagogisch-didaktische Qualität des Mediums. Das „edu“ im eduCheck bezieht sich also nur auf die Art der Medien, die geprüft werden sollen, nicht aber auf die Prüfung selbst. Auf der Website wird darauf verwiesen, dass diese Ausklammerung auf Wunsch der Bundesländer geschah, die sich in ihrem Hoheitsbereich gefährdet sahen.[4]

Betrachtet man die auf der Website publizierten Prüfbereiche näher, dann wird deutlich, dass hier letztendlich auch an einer technischen und damit verbunden rechtssicheren Standardisierung von Angeboten gearbeitet wird. So soll ggf. dem Wildwuchs im Bereich der digitalen Angebote für Schulen entgegengewirkt werden. Zugleich ist es der Versuch, Schule weiterhin vor dem Zugriff bestimmter Angebote zu sichern. So enthält der Prüfkriterienkatalog unter dem Aspekt „Werbung“ das Verbot derselben sowie den Zusatz, dass personenbezogene Daten nicht zu Werbezwecken genutzt werden und unter dem Aspekt „Cookies & Tracking“ werden Tracking und sogenannte Browserfingerprints verboten.[5]

Diese wichtigen Aspekte machen umso deutlicher, wie wichtig es zeitgleich ist, mit Schulen in den Dialog darüber zu treten, was die jeweiligen Plattformen und Apps für die Didaktik und das pädagogische Handeln bedeuten. Da digitale Angebote anders möglichmachen als Buch und Papier ist es wichtig, sich darüber auszutauschen, wie digital bereitstellte Aufgaben und Unterrichtsinhalte ggf. die Sicht auf Schülerinnen und Schüler und die Tätigkeiten der Lehrpersonen verändern.

Nicht zuletzt die Kritik am von der SWK-veröffentlichten Gutachten zur Grundschule[6] machte deutlich, wie stark ggf. mit einer Veränderung der Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern zu rechnen ist. In der Perspektive der SWK auf Grundschule gehört es zu den Kernaufgaben, auch mit digitalen Instrumenten, die Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf die zu erwerbenden Kompetenzen zu diagnostizieren und zu evaluieren.

Wenn dies einträfe, dann wären auch didaktische Prüfkriterien obsolet geworden.

Bis es so weit ist, ist der didaktische und pädagogische Blick auf Materialien, die den Schülerinnen und Schülern helfen sollen, Fachthemen zu verstehen, notwendig. Er bildet den Kern des Tuns von Lehrerinnen und Lehrern. Der eduCheck des FWU wird dabei bislang keine Hilfe sein können.


[1]  Siehe zur Geschichte des FWU: https://fwu.de/ueber-uns/geschichte/

[2]  Siehe: https://www.bildungsserver.de/schule-136-de.html

[3]  Siehe unter „Was genau wird geprüft?“: https://educheck.schule/was-ist-educheck/

[4]  Siehe unter „Wird es auch den Prüfbereich Didaktik geben?“: https://educheck.schule/was-ist-educheck/

[5]  Siehe hierzu: https://educheck.schule/der-kriterienkatalog-grundlage-jeder-pruefung/

[6]  Siehe: SWK (2022): Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die Grundschule. Gutachten der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz. Online: https://doi.org/10.25656/01:25542