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Einblicke in die Entstehung des EdTechReflektors

Die Entwicklung des EdTechReflektors ging aus einer Zusammenarbeit zwischen UNBLACK THE BOX und der Initiative THE BASEMENT des Leibniz-Instituts für Bildungsmedien hervor. Beide Organisationen sind bereits länger im Bereich der Förderung kritischer EdTech-Kompetenz und -Gestaltung aktiv und haben viele Überlegungen angestellt, wie dem wachsenden Bedarf von Lehrkräften an Unterstützung für die konkrete Einschätzung und Auswahl von EdTech noch besser begegnet werden könnte. Zwar werden seit einiger Zeit zunehmend sogenannte EdTech-Prüfstellen in der Bildungspolitik diskutiert (z.B. das Projekt EduCheck digital), jedoch beziehen sich diese primär auf Datenschutz- oder technische Fragen und deutlich weniger auf die pädagogische Eignung unterschiedlicher EdTech-Angebote für spezifische Unterrichtskontexte.[1] Gleichzeitig entwickelt sich EdTech in rasendem Tempo weiter, was bedeutet, dass Lehrkräfte ein übergreifendes Wissen über (mögliche) pädagogische Implikationen von Technologien erlangen müssen, mithilfe dessen sie auch neue Entwicklungen einschätzen können, für die es noch kaum Regulationen gibt (siehe etwa die aktuellen KI-Entwicklungen). Mit der anspruchsvollen Zielabsicht, ein entsprechendes Unterstützungsinstrument für diesen wachsenden Bedarf zu entwickeln, gründeten Christoph Richter, Sieglinde Jornitz, Iza Czarnojan und Sigrid Hartong (UNBLACK THE BOX) sowie Felicitas Macgilchrist (THE BASEMENT) im Frühjahr 2022 eine Arbeitsgruppe und begannen mit dem Design des EdTechReflektors.[2]

Mit der Entwicklung des EdTech-Reflexionsinstruments begab sich die Arbeitsgruppe im Prinzip selbst in die Rolle von EdTech-DesignerInnen, die in ihren Entscheidungen eine Balance zwischen bestimmten Werten und normativen Vorstellungen sowie pragmatischer Nutzungsorientierung finden mussten. Um dieser Herausforderung zu begegnen, entschied die Gruppe, vor allem die pädagogischen Implikationen bestimmter EdTech-Modellierungen sichtbar zu machen. Gemeint ist hiermit vor allem das Problem, dass EdTech-Anbieter immer wieder pädagogische Versprechungen machen, die bei näherer Betrachtung der Modellierung jedoch kaum haltbar sind (z.B. dass eine individualisierende Ausrichtung versprochen wird, die EdTech jedoch mit extrem standardisierten oder barriereintensiven Designs arbeitet). Sowohl UNBLACK THE BOX als auch THE BASEMENT hatten in den letzten Jahren einige populäre EdTech-Angebote unter die Lupe genommen, die pädagogisch in vielerlei Hinsicht enttäuschend waren.

Gleichzeitig stellten beide Initiativen auch immer wieder fest,
a) dass moralische Zeigefinger im Sinne von ‚diese EdTech sollte man nicht nutzen‘ weder angebracht noch zielführend sind, wenn man sich die Alltagswelt von Lehrkräften vor Augen hält, die zum Teil durch sehr wenig Entscheidungsautonomie oder auch einfach durch enorme Alltagszwänge charakterisiert ist und

b) dass der EdTech Markt dermaßen vielfältig ist, dass eine Pauschaleinschätzung von EdTech als ‚hält nicht, was es verspricht‘ deutlich zu kurz greift bzw. Lust auf Ausprobieren im Keime ersticken kann.

Das Ziel des EdTechReflektors ist daher, pädagogische Fachkräfte zu ermutigen, grundsätzlich kritisch(er) auf EdTech zu blicken‚ jedoch nicht pauschal zu kritisieren, sondern auszuprobieren und differenzierte Potentiale und Risiken anzuerkennen. Diese Zielsetzung musste bei jeder Designentscheidung neu diskutiert werden und stand zudem häufig pragmatischen Überlegungen gegenüber; denn auch ein noch so ausgefeiltes Reflexionsinstrument wird wenig genutzt werden, wenn es an der – u.a. durch massiven Zeit- und Ressourcenmangel geprägten – alltäglichen Lebenswelt von Lehrkräften vorbeigeht. So wurde stets versucht, eine Balance zwischen Reflexion und Ressourcenknappheit zu erreichen.

Weiter war uns wichtig, dass das Instrument ohne Internetzugang und vor allem ohne Datentracking nutzbar sein sollte. Daher wird der EdTechReflektor in Form eines interaktiven PDFs angeboten, welches nicht nur sehr einfach transportiert (z.B. heruntergeladen und auch ausgedruckt) werden kann, sondern es ebenso möglich ist, unterschiedliche Versionen zu speichern bzw. das Ausfüllen mühelos zu unterbrechen. Nutzende des EdTechReflektors werden aber auch eingeladen, ihr ausgefülltes und abgespeichertes Dokument via info@unblackthebox.org an die EntwicklerInnen zurückzusenden. So kann der EdTechReflektor kontinuierlich weiterentwickelt werden. Zudem lernen wir als EntwicklerInnen so mehr darüber, wie Lehrkräfte unterschiedliche Bildungsmedien einschätzen und können dieses Wissen in der Zukunft für andere aufbereiten. Schließlich: Wenngleich der EdTechReflektor primär für Lehrkräfte entwickelt wurde, so bedeutet dies nicht, dass er nicht auch z.B. für EdTech-Entwickler*innen, Personen aus Schulbehörden oder Aus- und Fortbildungsinstituten interessant sein kann, ebenso wie für Personen aus anderen Bildungsbereichen. Entsprechend schließt dieser Beitrag mit einer Einladung an all diese (und weitere) Personenkreise, sich das Instrument für ihre Zwecke zunutze zu machen und damit ihren spezifischen Beitrag zu einem kritisch-reflektierten Umgang mit EdTech zu leisten.


[1] Ein dezidiertes Angebot für die pädagogische Einschätzung von Bildungsmedien insgesamt (d.h. nicht nur digitalen Medien) findet sich im Augsburger Analyse- und Evaluationsraster (https://aaer.digillab.uni-augsburg.de/survey.html).

[2] Hierbei wurden sie von Elijah Mauthe, Student in der Bildungsinformatik an der Universität Kiel, in der konkreten Umsetzung des Designs unterstützt.