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Liebe LeserInnen,

wir hoffen Sie hatten einen schönen und erholsamen Sommer und konnten etwas Energie tanken. So ging es zumindest uns, und wir freuen uns, Ihnen nun wieder Neuigkeiten und Empfehlungen aus unserer Runde zu senden. In diesem Newsletter berichtet UNBLACK THE BOX-Mitglied Sieglinde Jornitz von einer Fortbildung über den Zusammenhang zwischen Digitalität und Didaktik, und wir empfehlen ein neu erschienenes Buch zur Förderung kritischer Datenbildung (inklusive Materialien und praktischer Methoden) von UNBLACK THE BOX-Mitglied Ina Sander. Weiterhin berichtet Niklas Washausen von der Uni Greifswald darüber, wie er UNBLACK THE BOX-Inputs in sein Seminar mit Lehramtsstudierenden eingebaut hat.

Außerdem suchen wir nach wie vor Interessierte für unsere Studie zum EdTechReflektor! Wenn Sie den EdTechReflektor schon kennen, sind wir sehr interessiert an Ihren Eindrücken von dem Instrument (auch falls Sie es z.B. als nicht sehr hilfreich empfunden haben sollten!). Falls Sie das Instrument noch nicht kennen, würden wir den EdTechReflektor gerne einmal mit Ihnen durchspielen, das heißt: Sie können mit dem Instrument und unserem Input ein EdTech-Tool Ihrer Wahl ‚durchleuchten‘ und erfahren mehr über seine pädagogischen Wirkungen; und wir bekommen dabei mit, wie hilfreich der EdTechReflektor für Sie ist bzw. wie man ihn verbessern könnte. Falls Sie Interesse haben, melden Sie sich gerne!

Ansonsten wünschen wir Ihnen wie immer eine gute Lektüre und freuen uns über Rückmeldungen und Anregungen.

Herzliche Grüße,

Ihr UBTB-Team

Aktuelles bei UBTB
UBTB-Mitglied organisiert Fortbildung über den Zusammenhang zwischen Digitalität und Didaktik

Sieglinde Jornitz führte zusammen mit Christoph Leser von der Goethe Universität Frankfurt/Main am 1. Juli 2024 am Entwicklungspolitschen Bildungs- und Informationszentrum (EPIZ) e.V. in Berlin eine Fortbildung zum Thema „Digitalität und Didaktik“ durch. Ziel des 4-stündigen Workshops war es, auf strukturelle Eigenheiten digitaler LernApps und die veränderten pädagogischen Handlungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. In den drei Modulen „Digitalität & Datafizierung“, „Do it yourself – wer will noch unterrichtet werden?!“ und „Etwas über die Grenzen der digitalen Vermittlung“ wurde mit den Teilnehmenden des EPIZ darüber gesprochen, wie die eigenen digitalen Angebote unter der Maßgabe einer kritischen Mediennutzung weiterentwickelt werden können.

Einladung zur Evaluation des EdTechReflektors

Sie arbeiten in der pädagogischen Praxis und haben dabei mit der Frage zu tun, welche digitalen Bildungsmedien sich für welche Zwecke eignen? Sie würden gerne die pädagogischen Wirkungen von digitalen Lern- und Lehrtools besser verstehen?

Wir von der Initiative UNBLACK THE BOX haben im letzten Jahr den „EdTechReflektor“ entwickelt, ein Instrument für die Reflexion von und Fortbildung über digitale/n Bildungsmedien. Wir möchten Sie an dieser Stelle einladen, gemeinsam mit uns anhand des EdTechReflektors Bildungsmedien, die Sie in einem pädagogischen Setting einsetzen (wollen), zu reflektieren und zu prüfen, wie der EdTechReflektor für Sie konkret hilfreich sein kann. Auch falls Sie den EdTechReflektor schon kennen und eingesetzt haben, sind wir sehr interessiert an Ihren Eindrücken und Verbesserungsvorschlägen.

Was haben Sie davon? Sie werden darin unterstützt, digitale Bildungsmedien besser zu verstehen, einzelne Apps oder Plattformen im Detail zu durchleuchten und neue Gestaltungsideen in Bezug auf die pädagogischen Implikationen von digitalen Bildungstools zu erlangen.

Was haben wir davon? Wir möchten den EdTechReflektor auch in Zukunft weiterentwickeln und hierbei hilft am meisten, den „echten Einsatz“ zu beobachten und mit PraktikerInnen ins Gespräch zu kommen. Konkret versuchen wir mehr darüber rauszufinden, wie Instrumente wie der EdTechReflektor so aufgebaut werden können, dass sie für pädagogische Fachkräfte attraktiv, hilfreich und niedrigschwellig einsetzbar sind.

Wie läuft es konkret ab? Wir würden gerne mit Ihnen den EdTechReflektor mit einem oder mehreren digitalen Bildungsmedien durchspielen und hierbei ihre Eindrücke zum Instrument einfangen, wofür wir einen Videocall ansetzen würden. Details zum Call sprechen wir hierzu vorab per E-Mail oder telefonisch ab.

Falls Sie Interesse haben, melden Sie sich via: info@unblackthebox.org

Ressourcen & Empfehlungen
“Vermessung verstehen” - Artikel zum Einstieg ins Thema Datafizierung

Der Artikel „Vermessung verstehen. Medienpädagogik auf den Spuren von kreativen Datenpraktiken und ambivalenten Algorithmen“ von Juliane Ahlborn und Prof. Dr. Dan Verständig ist erschienen im Open Access-Sammelwerk „Datafizierung (in) der Bildung. Kritische Perspektiven auf digitale Vermessung in pädagogischen Kontexten“, herausgegeben von Mandy Schiefner-Rohs, Sandra Hofhues und Andreas Breiter. Der Text bietet einen umfassenden Überblick über die Bedeutung von Daten für unsere Welt und erklärt die Auswirkungen algorithmischer Selektion, warum Daten niemals ‚roh‘ sind, wie durch Datentechnologien Ungleichheit reproduziert werden kann, und wie Black Boxes entstehen. Ein besonderer Fokus wird zudem auf die Ansätze Kompetenz, Transparenz und Kreativität für den Umgang mit den Herausforderungen von Datentechnologien gelegt. Somit eignet sich der Artikel sehr gut zur Einführung in das Thema, zum Beispiel für interessierte MedienpädagogInnen oder für die Verwendung in der (Hochschul-)Lehre.

Neues Buch: Kritische Datenbildung fördern

UNBLACK THE BOX-Mitglied Ina Sander hat kürzlich ihr Buch „Critical Datafication Literacy. A Framework and Practical Approaches“ im transcript Verlag veröffentlicht (Englisch). Das frei verfügbare (Open Access) Werk nähert sich kritischer Datenbildung aus zwei Perspektiven an. Einerseits werden bestehende Konzepte für Critical Data Literacy untersucht sowie eine theoretische Analyse etablierter Bildungsbegriffe vorgenommen (Was kann kritische Datenbildung von Medienpädagogik, politischer Bildung oder Critical Pedagogy lernen?). Andererseits werden Online-Bildungsressourcen (Webseiten, Videos, interaktive Tools, MOOCs,...) über Datafizierung untersucht. Experteninterviews mit ihren ErstellerInnen und eine Umfrage mit Lehrenden erforschen die Ziele, Strategien und Herausforderungen der PraktikerInnen (Was kann kritische Datenbildung von der Praxis lernen?). Das Ergebnis sind ein Konzept für „Critical Datafication Literacy“, welches auf den theoretischen und empirischen Erkenntnissen der Studie beruht, sowie praktische Strategien zur Förderung einer solchen kritischen Datenbildung.

Kommentare & Einblicke in die Arbeit unserer Mitglieder
Talking about Data?! – UNBLACK THE BOX Inputs regen Lehramtsstudierende des Faches Englisch zu mehr Umsichtigkeit und Medienkompetenz an

Gastbeitrag von Niklas Washausen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Anglistik/Amerikanistik, Universität Greifswald und Lehrstuhl für Kunstpädagogik & -didaktik, Universität Potsdam.

Wie kann ein kritisch-sensibler Umgang mit Daten und aktuelle Herausforderungen des digitalen Raumes im Kontext des Englischunterrichtes thematisiert werden? Wie können SchülerInnen für die Bewusstmachung der Allgegenwärtigkeit von Daten, Datenbewegungen und dem reflektierten Angeben und Erhalten von Daten befähigt werden? Welche Chancen und Herausforderungen bestehen im „datenaufgeladenen“ Berufsalltag einer Lehrkraft? Diese und weitere Fragestellungen vertraten zentrale Themen in einem Fachdidaktik-Seminar welches ich mit Lehramtsstudierenden des Faches Englisch (Gymnasien/Regionale Schule) im Sommersemester 2024 durchführte. Als jemand der mit großem Interesse Diskurse der Digitalität und Digitalisierung verfolgt, aber definitiv kein IT-Experte ist, verstand ich dieses Seminar als ein Experiment, in dem Studierende und der Lehrende gleichermaßen lernen und Wissensbestände erweitern. Nach einer kurzen Internetrecherche stieß ich relativ schnell auf UNBLACK THE BOX. Nachdem ich eine Mailanfrage an die Initiative schickte, bekam ich auch prompt eine positive interessierte Rückmeldung und freute mich, mein Seminar mit einschlägiger Expertise ausstatten zu können!

So hatte dieses Seminar das Ziel, Brücken zu Disziplinen und Diskursen zu schlagen, die bei erster Begegnung vermeintlich weniger mit den Vorstellungen einer Englischlehrkraft der Studierenden zu tun haben.

Auf Tuchfühlung

Als Aufhänger und einleitender Impuls sollte ein Nachrichtenartikel des Schweizer Magazins „Das Netz ist politisch“ für Tech-Journalismus dienen, der berichtete, wie ein OpenSource-Team um Andres Freund über Ostern 2024 eine milliardenschwere Server-Sicherheitslücke verhinderte. Dabei ging es weniger um die Begrifflichkeiten als vielmehr um den Fakt, welche Abhängigkeiten und Wertigkeiten Daten mittlerweile zugesprochen werden.

Im Anschluss ging es darum, das Forschungsfeld um Daten, Datenbildung und Datenkompetenz abzustecken. Hierbei wurden sowohl über die Prinzipien der Critical Data Studies diskutiert als auch paradoxe Eigenschaften von Daten herausgearbeitet. Dies erforderte mitunter ein Umdenken bzw. auch ein Verlernen bei den Studierenden, um offen und unvoreingenommen ins Feld einzudringen und erste assoziative Bezüge zur späteren Profession herzustellen. Nachdem die Studierenden ein einwöchiges Daten-Tagebuch führten, um den Blick auf eine datafizierte Welt zu schärfen, skizzierte UBTB-Mitglied Dr. Ina Sander im ersten Gastvortrag die Einflussnahme von Daten im Zuge von Machtverschiebungen durch bspw. private Firmen (Big Data), und klärte über die Problematik der Selbstaufklärung und -anpassung des digitalen Nutzerverhaltens auf. Als Maßnahme offerierte sie den Leitfaden für kritische Datenbildung, welcher speziell das Vermitteln von Wissen über Daten, sowie das Finden und Erstellen von Bildungsressourcen über Datenbildung thematisiert. Wie dann eine kritisch-reflexive Haltung ggü. Datendiskursen bei Lernenden aufgebaut werden kann, zeigte uns UBTB-Mitglied Annika Gramoll mit dem selbstentwickelten Escape-Room Game General Solutions. Mit ihr besprachen wir Fragen der authentischen Anwendung und Implementation der Förderung von Critical Data Literacy sowie digitaler Mündigkeit im und vor allem außerhalb des Klassenzimmers in projektbasierten Lernsettings.

Weitere benachbarte Themenkomplexe wie:

  • Aspekte des Vertrauens und Irrtums im digitalen Raum (z.B. How to spot when news is fake Kompass des European Parliamentary Research Service),
  • Analyse von Deepfake-Videos mittels eines eigenen Videos in dem ich eine ungelernte Sprache spreche,
  • Gastvorträge zum Datenlebenszyklus (Dr. Fabian Schmitt & Wiebke Kartheus),
  • Möglichkeiten der selbstständigen und schülergetriebenen Datenerhebung im Klassenzimmer, und
  • Workshop zur universitätseigenen K.I.-Assistenz ApphubAI und quantitativer Textanalyse mit Python/R, bei der besonders die Datenvisualisierung mittels Wordcloud, Sentiment-Analysis und Readability-Score für die Studierenden von Interesse war (Dr. Philipp Adämmer),

bereicherten und erweiterten das Seminar, um den Studierenden Anreize für die eigene Forschung und unterrichtliche Praxis zu geben.

Zu guter Letzt: Wer hat die Schuldatenhohheit?

Abgerundet wurde das Seminar durch einen letzten Gastvortrag von UBTB-Gründerin Prof. Dr. Sigrid Hartong, die mit uns die Effekte und aktuelle Einflussnahmen von Professionalisierungs-, Bildungs- und Lernplattformen auf (angehende) Lehrkräfte diskutierte. Ausgehend von den PISA-Studien als Ursprung größerer begrifflicher und maßnahmenorientierter Debatten um die Bedeutung von Daten für Bildung und Schule, sowie Bildungssteuerung schlug Sigrid Hartong den Bogen zurück zur Notwendigkeit einer kritischen Datenkompetenz um speziell über Online-Plattformen, Applikationen und Lernmanagementsysteme (LMS) und deren Zielsetzungen, Framing von Bildung und einem daraus sich verändernden Rollenverständnis der Lehrkraft und den im System Schule existierenden Daten zu sprechen. Mit diesem Wissen wurden am Ende ausgewählte Plattformen, Applikationen und LMS durch die Studierenden im Hinblick auf Zielgruppe, Zugänglichkeit und Datennutzung/-verwendung kritisch analysiert.

Fazit: Inspiration und Einordnungsschwierigkeiten

Rückbetrachtend schätzten die Studierenden vor allem die Gastvorträge sehr und schienen nach jedem Vortrag aufs Neue inspiriert zu sein. Es schien ihnen allerdings schwierig, explizite Verknüpfungen der behandelten Themen zum Englischunterricht herzustellen. Hier bedarf es womöglich entweder dem Aufzeigen von konkreteren Unterrichtsbeispielen für das Sprachenlernen oder ein konkretes Herausarbeiten von Bezügen zu institutionellen Dokumenten, auch wenn das Ausbilden von Medien- und digitalen Kompetenzen als Querschnittsaufgabe in schulischer Bildung verstanden wird. Daten als Sprache der Information bedürfen ebenso einer Übersetzung und Lesefähigkeit wie jede andere Fremdsprache und bedarf daher auch einer angemessenen Vermittlung. Daher sollte der Seminar-Fokus in Zukunft mehr auf den Diskurs der Critical Data Literacy als LESE-fähigkeit liegen. Gerade in der praktischen Auseinandersetzung mit Daten wie dem Führen eines Datentagebuches empfehle ich eine fortgeschrittene Thematisierung von digitalem (Daten)Nutzungsverhalten und Daten im öffentlichen Leben, da dies auch bei SchülerInnen alltagsnahe Gesprächsthemen sind, über die kommuniziert werden wollen. Nun freue ich mich auf spannende Hausarbeiten zu Themen wie datenbasierte Entscheidungsfällung durch SchülerInnen innerhalb des Game-based Learning-Ansatzes mittels eines ausgewählten Videospiels, eine kritische Evaluierung der aktuellen Datafizierungsprozesse sowie didaktische Überlegungen zum Einsatz von Fake Voice Generatoren im Englischunterricht! Wer also überlegt, einmal eine Lehrveranstaltung im Zusammenhang mit diesem im Schulsystem allumfänglich präsenten Bereich anzubieten, der findet bei UNBLACK THE BOX konkrete Beratung, Ansprechpartner, die sich für die eigenen Veranstaltungs- oder Unterrichtsideen interessieren und auch selbst Vorschläge unterbreiten, sowie weitere Hilfe in Form von Online-Ressourcen und Material für Bildungsinstitutionen.


Bez, Sarah, Martin J. Tomasik, Samule Merk (2023): “Data-based decision making in einer digitalen Welt: Data Literacy von Lehrpersonen als notwendige Voraussetzung.” In: Scheiter, Katharina & Ingrid Gogolin (Hrsg.): Bildung für eine digitale Zukunft. Edition ZfE Band 15. 339-362.

Macgilchrist, Felicitas, Sigrid Hartong, Sieglinde Jornitz (2023): “Algorithmische Datafizierung und Schule: Kritische Ansätze in einem wachsenden Forschungsfeld.” In: Scheiter, Katharina & Ingrid Gogolin (Hrsg.): Bildung für eine digitale Zukunft. Edition ZfE Band 15. 317-338.

UNBLACK THE BOX ist eine im Jahr 2019 gegründete Netzwerkinitiative zum Thema Critical Data Literacy. Unser Impressum und unsere Datenschutzerklärung finden sich auf unserer Website.
Wir freuen uns über Anregungen, Hinweise oder Feedback zum Newsletter an info@unblackthebox.org.

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