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Liebe LeserInnen,

wir wünschen Ihnen ein frohes und gesundes neues Jahr 2024! Hoffentlich bringt es viele inspirierende Gespräche, neue Perspektiven, offene Augen und neue Möglichkeiten, einen (selbst)bewussten Umgang mit Datentechnologien zu leben.

In diesem Newsletter blicken wir noch einmal zurück und berichten von UNBLACK THE BOX Aktivitäten Ende letzten Jahres sowie schauen nach vorne und empfehlen Ihnen gleich drei spannende Link- und Literaturtipps: Ein neues Buch zu Datafizierung (in) der Bildung, einen Artikel zu Nachhilfe in sozialen Medien und ein Bewertungstool für nachhaltige KI.

Wir wünschen viel Freude beim Lesen und Stöbern!

Ihr UBTB-Team

Aktuelles bei UBTB
Nutzung der alternativen Checkliste in Tschechien

Paula Bleckmann und Julia Kernbach waren im Rahmen des EU-Erasmus Projektes HERMMES (Holistic Education for Resilience and Media Maturity in Educational Settings) vom 22.-28.10.2023 als Dozierende für eine Ambassador Seminarwoche in Ostrava/Tschechien. Das Seminar richtete sich an Dozierende und Pädagog:innen, sowie NGO´s mit Bezug zur Neubearbeitung des tschechischen ICT-Lehrplans. In diesem Rahmen wurde u.a. mit der alternativen Checkliste von UBTB gearbeitet, die auf sehr positive Resonanz stieß. Aktuell wird deren Übersetzung ins Tschechische erwogen.

UBTB bei GEW Arbeitsgruppe im Bezirksverband Lüneburg

Am 02.12.23 war Sigrid Hartong zu Gast bei der GEW Arbeitsgruppe „Gewerkschaftliche Schulung und Lehrer*innenfortbildung“ im Bezirksverband Lüneburg und führte dort einen ganztätigen Workshop zum Thema kritische Auseinandersetzung und Gestaltung von EdTech durch. Auf dem Programm standen neben der Klärung vielfältiger Fragen (u.a.: Was ist eigentlich EdTech-Modellierung? Worauf beziehen sich gesundheitliche Dimensionen von EdTech-Nutzung?) das Ausprobieren sowohl der alternativen Checkliste als auch des jüngst erschienenen EdTechReflektors. Anhand unterschiedlicher Lernsoftware klickten sich die Teilnehmenden durch Themen wie „Wie bekommen Schüler*innen ihr Lernen zu sehen?“ oder „Wie werden bestimmte Lerninhalte aufbereitet?“, und diskutierten immer wieder darüber, welche Möglichkeiten einer bewussten Gestaltung dieser Software es gibt. Den Abschluss bildete eine „Strategielandkarte“ mit diversen Ansatzpunkten für die stärkere Verankerung kritischer Datenbildungs-Perspektiven in Schulpraxis, Lehreraus- und -fortbildung, aber auch in politischen Strukturen.

Ressourcen & Empfehlungen
Neues Buch: Datafizierung (in) der Bildung

Unser erster Lesetipp ist das neu erschienene Buch „Datafizierung (in) der Bildung. Kritische Perspektiven auf digitale Vermessung in pädagogischen Kontexten“, herausgegeben von Mandy Schiefner-Rohs, Sandra Hofhues und Andreas Breiter und veröffentlicht im transcript Verlag. Neben den Ergebnissen des Projekts „All is Data“ und weiteren aktuellen Forschungsprojekten beinhaltet der Sammelband Interviews mit Forschenden, die über ihre Erkenntnisse sowie eigene Erfahrungen für die Gegenwartsgesellschaft reflektieren. Auch UNBLACK THE BOX-Mitglieder Christoph Richter und Heidrun Allert sind mit ihrem Artikel „Die Illusion der Regel: Datafizierung als Form technischer Welterzeugung“ dabei.

BR-Artikel zum „Nachhilfeboom in Sozialen Medien“

Außerdem ans Herz legen möchten wir Ihnen einen im Dezember erschienenen Artikel des BR24, der UNBLACK THE BOX-Mitglied Sieglinde Jornitz als Expertin zitiert. In dem Artikel „Mathe-Formeln in 90 Sekunden: Nachhilfeboom in Sozialen Medien“ erklärt Sieglinde Jornitz warum Nachhilfevideos in sozialen Medien so gut funktionieren, aber auch wo Unzulänglichkeiten und Risiken dieser Form der Nachhilfe liegen.

Selbstbewertungstool zur Nachhaltigkeit von KI

Unsere dritte Empfehlung in diesem Newsletter ist das neue „Selbstbewertungstool zur Nachhaltigkeit von KI“ des SustAIn Projekts (Projektpartner: AlgorithmWatch, Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, DAI-Labor der TU Berlin). Das Tool ist ein Fragebogen für Organisationen, die entweder KI selbst entwickeln oder sie in ihrer Organisation einsetzen. Entwickelt wurde es anhand von im SustAIn-Projekt entwickelten Kriterien zur sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit von KI. Der Fragebogen leitet durch eine Reihe von Fragen zu dem jeweiligen KI-System und seinem Einsatz, lädt zur Reflexion ein und gibt Orientierung darüber wie nachhaltig ein KI-System ist und wo nachgebessert werden könnte.

Kommentare & Einblicke in die Arbeit unserer Mitglieder
Ein EduCheck ohne edu – Gedanken zur neuen Prüfplattform des FWU

Ein Kommentar von UNBLACK THE BOX-Mitglied Sieglinde Jornitz

Nicht nur wir von UBTB haben uns auf den Weg gemacht, Hilfestellung bei der Prüfung von Lernplattformen, LernApps und weiteren digitalen Angeboten für den Bildungsbereich zu geben. Unser Angebot hierzu ist der EdTechReflektor. Und man sieht an ihm: es ist nicht einfach, solche digitalen Angebote in ihrem ganzen Umfang zu prüfen, weil die Komplexität hoch ist. Zentral ist beim EdTechReflektor jedoch die Perspektive auf die Nutzung im Sinne des pädagogisch-didaktischen Einsatzes.

Auch das FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht hat Mitte 2023 einen „Prüfkriterienkatalog“ namens eduCheck veröffentlicht (https://educheck.schule/; Informationen: https://fwu.de/projekte/educheck-digital/). Damit erweitert das FWU sein Angebot gemäß seiner eigenen Geschichte, die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Katalogisierung, Bereitstellung und auch Prüfung von Unterrichtsmaterialien verbunden ist.[1] Am bekanntesten ist Schülergenerationen das FWU wohl durch die von ihm selbst erstellten Unterrichtsfilme. Für Lehrerinnen und Lehrer dürfte der vom FWU verantwortete Teilbereich „Schule“ im Deutschen Bildungsserver einen hohen Bekanntheitsgrad besitzen.[2] Seit Anfang der 2000er Jahre ist das Institut verstärkt auch die Stelle, die digitale Angebote qualitätsgeprüft für Schulen bereitstellt.

Folgerichtig ist so die Entwicklung eines Instruments am FWU, das diese Prüfung von digitalen Materialien für den Unterricht ermöglicht. Der 2023 veröffentlichte Prüfkriterienkatalog bildet die Grundlage für die Plattform, die derzeit programmiert wird. Der eduCheck-Kriterienkatalog wurde in Zusammenarbeit mit den 16 für das Schulsystem verantwortlichen Bundesländern mit dem Ziel entwickelt, um sicherzustellen, dass rechtskonforme und technisch sichere digitale Medien in Schulen verwendet werden. Die Verunsicherung während der Schulschließungen aufgrund der Pandemie darüber, was an digitalen Medien wie eingesetzt werden darf und ob die Notebookkamera nun ein- oder ausgeschaltet werden muss, hat wohl dazu geführt, dass die Bildungspolitik handeln musste. Zugleich wird im Umkehrschluss deutlich, was nicht mehr geleistet werden kann: eine staatliche Prüfung und damit Zulassung von didaktischen Angeboten im digitalen Format. Als abgeschwächtes Äquivalent kann so der eduCheck des FWU betrachtet werden. Dieser legt die Prüfung in die Hände der Schulen selbst. Sie können so neu entwickelte Plattformen, Apps etc. für den Unterricht ohne Zeitverzögerung eigenständig prüfen und sich technisch und rechtlich absichern.

Das nach Abschluss der Prüfung vergebene Gütesiegel ermöglicht es zudem, diese geprüfte Sicherheit auch nach außen sichtbar zu machen. So soll Schulen geholfen werden, die digitalen Angebote auf ihre Qualität zu prüfen.

Kern der Prüfung sind die vier Aspekte von Barrierefreiheit, Datenschutz, Interoperabilität und IT-Sicherheit.[3] Damit wird auch deutlich, was nicht geprüft wird: die pädagogisch-didaktische Qualität des Mediums. Das „edu“ im eduCheck bezieht sich also nur auf die Art der Medien, die geprüft werden sollen, nicht aber auf die Prüfung selbst. Auf der Website wird darauf verwiesen, dass diese Ausklammerung auf Wunsch der Bundesländer geschah, die sich in ihrem Hoheitsbereich gefährdet sahen.[4]

Betrachtet man die auf der Website publizierten Prüfbereiche näher, dann wird deutlich, dass hier letztendlich auch an einer technischen und damit verbunden rechtssicheren Standardisierung von Angeboten gearbeitet wird. So soll ggf. dem Wildwuchs im Bereich der digitalen Angebote für Schulen entgegengewirkt werden. Zugleich ist es der Versuch, Schule weiterhin vor dem Zugriff bestimmter Angebote zu sichern. So enthält der Prüfkriterienkatalog unter dem Aspekt „Werbung“ das Verbot derselben sowie den Zusatz, dass personenbezogene Daten nicht zu Werbezwecken genutzt werden und unter dem Aspekt „Cookies & Tracking“ werden Tracking und sogenannte Browserfingerprints verboten.[5]

Diese wichtigen Aspekte machen umso deutlicher, wie wichtig es zeitgleich ist, mit Schulen in den Dialog darüber zu treten, was die jeweiligen Plattformen und Apps für die Didaktik und das pädagogische Handeln bedeuten. Da digitale Angebote anders möglichmachen als Buch und Papier ist es wichtig, sich darüber auszutauschen, wie digital bereitstellte Aufgaben und Unterrichtsinhalte ggf. die Sicht auf Schülerinnen und Schüler und die Tätigkeiten der Lehrpersonen verändern.

Nicht zuletzt die Kritik am von der SWK-veröffentlichten Gutachten zur Grundschule[6] machte deutlich, wie stark ggf. mit einer Veränderung der Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern zu rechnen ist. In der Perspektive der SWK auf Grundschule gehört es zu den Kernaufgaben, auch mit digitalen Instrumenten, die Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf die zu erwerbenden Kompetenzen zu diagnostizieren und zu evaluieren.

Wenn dies einträfe, dann wären auch didaktische Prüfkriterien obsolet geworden.

Bis es so weit ist, ist der didaktische und pädagogische Blick auf Materialien, die den Schülerinnen und Schülern helfen sollen, Fachthemen zu verstehen, notwendig. Er bildet den Kern des Tuns von Lehrerinnen und Lehrern. Der eduCheck des FWU wird dabei bislang keine Hilfe sein können.


[1]  Siehe zur Geschichte des FWU: https://fwu.de/ueber-uns/geschichte/

[2]  Siehe: https://www.bildungsserver.de/schule-136-de.html

[3]  Siehe unter „Was genau wird geprüft?“: https://educheck.schule/was-ist-educheck/

[4]  Siehe unter „Wird es auch den Prüfbereich Didaktik geben?“: https://educheck.schule/was-ist-educheck/

[5]  Siehe hierzu: https://educheck.schule/der-kriterienkatalog-grundlage-jeder-pruefung/

[6]  Siehe: SWK (2022): Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die Grundschule. Gutachten der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz. Online: https://doi.org/10.25656/01:25542

UNBLACK THE BOX ist eine im Jahr 2019 gegründete Netzwerkinitiative zum Thema Critical Data Literacy. Unser Impressum und unsere Datenschutzerklärung finden sich auf unserer Website.
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