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Liebe LeserInnen,

der Herbst ist mit großen Schritten gekommen und auch die letzten UBTB-lerInnen sind aus dem Sommerurlaub zurückgekehrt. Wir haben eine spannende Bundestagswahl hinter uns, von deren Ergebnissen wir noch nicht genau wissen, was sie konkret für die digitale Bildungspolitik bedeuten werden. Gleichzeitig sind wir uns (fast) sicher, dass die Forderungen, die wir mit UBTB stellen, weiterhin (noch) nicht ganz oben auf der politischen Agenda stehen werden bzw. wir noch einen weiten Weg vor uns haben. Entsprechend mischen wir fleißig weiter mit und freuen uns auf Ihre Anregungen, Ideen und Rückmeldungen. Auch freuen wir uns, Ihnen in diesem Newsletter den ersten Gastkommentar der Kollegin und politischen Expertin Nina Galla zu präsentieren. Viel Spaß beim Lesen!

Herzlich,

das UBTB-Team

Aktuelles bei UBTB

Update vom Homepage-Umbau

Der erste Schritt der Homepage-Umbauarbeit ist abgeschlossen: Alle Seiten (und nicht nur die Startseite) sind nun auch auf Englisch verfügbar (https://unblackthebox.org/en/). Wir hoffen damit, auch internationalen KollegInnen und InteressentenInnen mehr zugängliche Informationen bereitstellen zu können. Weitere Homepageneuerungen werden in den kommenden Wochen folgen. Sehen Sie uns bitte nach, sollte die Homepage zeitweise nicht erreichbar sein.

Ressourcen & Empfehlungen
Neues Special Issue (Open Access)
Digital Capitalism, Datafication, and Media Education. Critical Perspectives
Zur Ausgabe

Unser Lesetipp in diesem Newsletter ist das neue Special Issue "Digital Capitalism, Datafication, and Media Education. Critical Perspectives", herausgegeben von Valentin Dander, Theo Hug, Ina Sander und Rachel Shanks. Die frei zugängliche seminar.net Sonderausgabe beleuchtet das Verhältnis von Datafizierung und (Medien)Bildung aus verschiedenen Perspektiven und fragt:

Welche Positionen kann Medienbildung in Forschung und Praxis einnehmen, um auf die Digitalisierung und Datafizierung unserer Gesellschaft zu reagieren? Welche Theorien, Konzepte und Methoden können helfen, adäquate analytische, kritische und transformative Antworten zu finden?

Veranstaltungen

Onlinevortrag: Vermessen statt Unterrichten?

28.10.21 | 18:00

Die Arbeitsgruppe „Bildung und Kritik“ richtet am 28.10.21 einen Onlinevortrag mit unserem Kollegen Prof. Dr. Ralf Lankau (Uni Offenburg) aus zum Thema „Vermessen statt Unterrichten? Zur Automatisierung von Schule und Unterricht - und ihren möglichen Alternativen“. Anmeldedetails finden Sie auf der Homepage der Arbeitsgruppe.

Vortrag auf Pädagogischer Woche der GEW

10.11.21 | 9-12:00

Vom 08.-12.11.21 findet in Cuxhaven die 76. Pädagogische Woche der GEW statt. Das Programm der Tagung ist hier einzusehen. Im Rahmen der Tagung wird Prof. Dr. Sigrid Hartong auch einen Vortrag mit Diskussion anbieten, in dem sie die UBTB-Initiative vorstellt.

Gast-Kommentar von Nina Galla

Seit 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Themenfeld KI, Technologie und Bildung für die Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag.

Wir müssen reden: Das Potenzial von KI an Schulen ist unklar

Der Einsatz von KI-Systemen an Schulen scheint auf den ersten Blick eine attraktive Lösung für so einige Herausforderungen zu sein und im Sommer 2021 liefen Pilotprogramme für KI-Anwendungen an Schulen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Neben allen Hoffnungen, die mit KI an Schulen verbunden sind, werden allerdings die begleitenden unbeantworteten Fragen und ungelösten Probleme kaum thematisiert. Das ist insbesondere aus dem Grund problematisch, weil es noch große Wissenslücken seitens Entscheider:innen und Anwender:innen gibt.

Zentrale und wiederkehrende Probleme in der Anwendung von KI sind immer noch nicht gelöst, wie beispielsweise Diskriminierung aufgrund quantitativ oder qualitativ nicht genügender Trainings-Daten und die meist fehlende Nachvollziehbarkeit. Bisher halten sich die meisten Anbieter im Bildungssegment auch sehr zurück in der Offenlegung ihrer tatsächlich angewandten Technologie – es ist von außen nicht ohne weiteres erkennbar, ob es sich bei Intelligenten Tutorsystemen, adaptivem Lernen oder ähnlichen Umschreibungen tatsächlich um Machine Learning handelt.

KI-Systeme an Schulen bedeuten immense Aufgaben für die pädagogischen Inhalte, die so operationalisiert werden müssen, dass die Systeme sie zum richtigen Zeitpunkt  individuell ausspielen, so dass Lernende weder unter- noch überfordert werden. Risiken liegen hier vor allem in der Modellierung des Systems, wenn festgelegt wird, was als richtig oder falsch gewertet werden soll und im Umgang mit Antworten, die das System im Training nicht kennengelernt hat. Denn nach welchen Maßstäben ein System „lernt“, bleibt teilweise oder vollständig immer noch unklar. Die Systeme erkennen zwar Korrelationen, aber keine Kausalitäten. Diese Intransparenz kann sogar pädagogische Ziele unterlaufen.

Die Regulierung des KI-Marktes steckt außerdem noch in den Kinderschuhen. Die EU-Kommission hat mit dem Artificial Intelligence Act im Mai 2021 einen Vorschlag vorgelegt, in dem KI-Systeme im Bildungsbereich zu den Hochrisiko-Anwendungen gehören können, was umfangreiche Pflichten und Anforderungen unter anderem an IT-Sicherheit, Nachvollziehbarkeit und Dokumentation mit sich bringt. Unklar ist zum derzeitigen Zeitpunkt jedoch, wer diese Pflichten zu erfüllen hat, insbesondere wenn es sich um „AI as a service“ handelt. Diese Unklarheit bringt große Rechtsunsicherheit mit sich und statt der erhofften Entlastung der Lehrkräfte verschiebt sich die Belastung möglicherweise lediglich. Ebenfalls zu wenig thematisiert wird die Rolle des Menschen beim Umgang mit KI – zu klären ist, welchen Umfang eine menschliche Letztentscheidung haben sollte, wie Menschen ihre Entscheidungsspielräume wahrnehmen und was dies für die juristische Verantwortung von Lehrkräften bedeutet.

KI an Schulen sollte nicht eingesetzt werden, um Digitalisierungsfähigkeit zu dokumentieren. Es entstehen dabei neue Herausforderungen auf technischer, pädagogischer und juristischer Ebene, über die zu wenig Wissen und Problembewusstsein vorhanden sind. Es braucht mehr Aufklärung über die Entwicklungskette und Funktionsweisen von KI-Systemen. KI im Schulwesen kann durchaus sinnvoll sein – doch so lang die offenen Fragen nicht gelöst sind, kann ein verantwortungsvoller Einsatz nur mit nicht-personenbezogenen Daten oder mit Daten von informierten und geschulten Lehrkräften erfolgen.

Nina Galla

UNBLACK THE BOX ist eine im Jahr 2019 gegründete Netzwerkinitiative zum Thema Critical Data Literacy. Unser Impressum und unsere Datenschutzerklärung finden sich auf unserer Website.
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